Ich probierte es aus und spazierte am vergangenen Wochenende zusammen mit einer Freundin über einen Weihnachtsmarkt. Ja, ich muss zugeben, es war nett, die geschmückten Buden zu sehen, Stände mit schönem Kunsthandwerk zu bewundern und den Geruch von Glühwein und Lebkuchen zu schnuppern. Erstaunlich, wie viele Menschen sich auf dem Weihnachtsmarkt tummelten und ebenso in den restlos gefüllten Cafés und Restaurants. Und ich überlegte, dass hier kein Mensch mehr an die Corona-Pandemie und auch an die bestehende Inflation zu denken schien.
Feiern gegen die Krise – wir alle haben Sehnsucht nach der Leichtigkeit des Seins, nach sorglosem Beisammensein und Lebensfreude.
Aber geht das so einfach? Kann ich die anderen Bilder in meinem Kopf und Herzen ausschalten? Zum Beispiel die wartenden Menschen vor einer Lebensmittelausgabe „der Tafel“, deren Vorräte in diesem Winter nicht mehr für alle Bedürftigen reichen? Oder an die Menschen in Kiew, die ohne Strom und Wasser in kalten Kellern hausen, oder an alle diejenigen, die schwer krank sind, gerade eine Chemotherapie durchleben um ihre Gesundheit ringen oder an alle, die in diesem Jahr einen lieben Menschen verloren haben?
Beides gehört zu unserem Leben dazu – das Schwere, das wir alle in irgendeiner Form erleben und das Bedürfnis sich zu freuen und einfach ausgelassen fröhlich zu sein.
Advent heißt Ankunft – Gott kommt an, durch das Kommen seines Sohnes Jesus Christus in diese Welt. Und ich stelle mir vor, wie Jesus an alle diese Orte kommt, wo unser Leben stattfindet. Er feiert mit den Menschen auf dem Weihnachtsmarkt und freut sich, wenn sie das Leben genießen können. Aber er kommt auch an die Krankenbetten, auf die Friedhöfe, in die Keller, in denen die Verzweiflung wohnt, zu den Obdachlosen, die in den Eingängen der Kaufhäuser ihren Schlafsack ausgerollt haben.
Jesus kommt, als kleines Kind in diese Welt hinein, um uns Hoffnung zu schenken, zu ermutigen, zu trösten, sich mit uns zu freuen, mit uns zu leben – das ist Advent.
Ich spüre, dass dies eine tiefere innere Freude und eine Wahrheit und Kraftquelle für mich ist, als der Besuch eines Weihnachtmarktes – obwohl ich diesen genossen habe.